Eröffnung:

3. Oktober 2021, 15:00 Uhr

BLAUES RAUSCHEN – Festival für digitale Soundexperimente, elektronische Musik, Performance, Tanz, Installation

3. Oktober 2021 | Galerie Gublia

15:00 Enrique Tomás
15:30 Wald & Klang
16:00 Balázs Kovács
16:30 Wald & Klang

Algorithmic Composition & Distribution
Die Schnecke ist erwacht. Wir erleben in den vergangenen Monaten eine fast
unerwartete Rasanz in Bezug auf die Wichtigkeit und Nutzung digitaler Mittel und
Wege – um zu arbeiten, zu kommunizieren und nicht zuletzt auch zu distributieren.
Letzteres wirft in den Bereichen Kunst und Musik immer wieder die Frage nach dem
Sinn auf. Ist ein Konzert noch ein Live-Erlebnis, wenn die Akteur*innen vor leeren
Rängen in die Kamera hinein ein „Geisterspiel“ absolvieren? Können der heimische
Screen und das Surroundsystem auf Zimmerlautstärke die Aura eines Clubs oder
Open-Airs entstehen lassen?
Das kulturhungrige Publikum nimmt kostenlose Schauspiel-Streams und virtuelle
Museumsrundgänge als vorübergehende Mode offenbar eine Zeitlang billigend in
Kauf; ob die Künstler*innen hierbei eine Selbstentwertung ihres Schaffens
betreiben oder sich sogar dem Verdacht der eitelen Selbstinszenierung aussetzen,
ist die andere Seite einer rotierenden Medaille.
Mit Vorträgen von Enrique Tomás und Balázs Kovács will BLAUES RAUSCHEN die
Aufmerksamkeit darauf lenken, inwieweit und wie sich technische Entwicklungen
und künstlerische Optionen bedingen, beeinflussen und alternativ nutzen lassen
können. Aus den angebotenen Perspektiven werden Distributions- und Teilhabe-
Ideen beleuchtet, die Künstler*innen und Publikum trotz körperlicher Distanz
einander näherbringen können.
Blaues Rauschen hat ausserdem 10 Künstler*innen aus den Bereichen ars acustica,
Klangkunst oder Soundcollage eingeladen, 5-minütige Arbeiten zum Thema „Wald
und Klang“ einzureichen. Diese werden im Laufe der Veranstaltung vorgestellt.

Die Künstler*innen:
Enrique Tomás – Chatroulette-Konzerte und Gamified VR-Veranstaltungsorte:
Elektronische Live-Musik in einer „Pre-Post-COVID-19“-Welt

Die meisten alternativen Formate für den Vertrieb von Live-Musik während der
COVID-19-Krise sieht Enrique Tomás von zwei altbekannten Paradigmen inspiriert.
Zum einen sind es die klassischen, Chatroulette-ähnlichen Video-Sharing-
Plattformen, auf denen Musiker ihre Schlafzimmerkonzerte streamen. Die
Kommunikation seitens des Publikums ist hier zumeist auf eingeblendete Texte
limitiert. Beim zweiten Format, dem Multiplayer-Videospiel-Paradigma, kann das
Publikum das Musikevent räumlich durch virtuelle soziale Umgebungen navigieren.
Tomás wird diese Verteilungsformate kritisch diskutieren und alternative Wege
vorschlagen, die auf poetischeren Arrangements elektronischer Medien beruhen.

„A Moment of Transition“ ist Tomás ́aktuelle Live-Elektronik-Arbeit, die mit einem
selbst entwickelten Interface ausgeführt wird, dessen Form von bestimmten(?)
Klanggesten inspiriert wurde. Per Berührung mit der Hand erkundet Tomás die
taktilen Muster, die auf dem Instrument eingraviert sind. Die Materialität der
Schnittstelle wird zur physischen Notation, die die in Kombination mit den
Berührungsgeräuschen die Performance bedingt und hervorruft.

Enrique Tomás forscht an der Kunstuniversität Linz nach alternativen musikalischen
Ausdrucksformen und spielt dabei mit Klang, Kunst und Technologie. Er untersucht
die Schnittstelle zwischen Klangkunst, Computermusik, lokativen Medien und
Mensch-Maschine- Interaktionen und schafft eigens kreierte Instrumente und
Interfaces – individuelle Konstruktionen, die wesentlich seiner akustischen
Vorstellungskraft entspringen. Seine kompromisslosen Konzerte fordern unsere
Fähigkeiten zum aktiven Hören durch den Einsatz extremer Amplituden- und
Frequenzbereiche.

Website: http://ultranoise.es/blog/?cat=3

Balázs Kovács: I’m the operator with my farmer calculator: digital-natural artforms
Immer mehr und technisch immer ausgereiftere tragbare Geräte sollen uns helfen,
unsere Kommunikations- und Unterhaltungsbedürfnisse zu steuern und zu
befriedigen. Dabei wird das technische, aber auch das kreative Potenzial dieser
Handhelds, Watches, Tablets oder sprachgesteuerten Assistenten von vielen
Anwendungen nicht vollständig genutzt. Für Balázs Kovács bieten sie jedoch
Chancen zur Verbreitung einfach installierbarer Lösungen mit geringem
Energieverbrauch für kreatives Arbeiten: Programmierung, Steuerung physischer
und rechnerischer Prozesse oder die Erstellung von Kunst durch Bildung neuer
Konstellationen verschiedener Lebensformen. Und er geht davon aus, dass sie – im
Sinne der Konzepte der Postzivilisation – sogar helfen können, unser digital
vernetztes Dasein in eine widerstandsfähigere, festere, ökologisch sinnvollere
Lebensform umzuwandeln. In seinem Vortrag stellt Kovács einige derartige
Lösungen, Projekte und Ideen vor: solarbetriebene Instrumente, von Menschen
angetriebene kleine lokale Netzwerke, virtuell-reale und techno-botanische Hybride.

Balázs Kovács ist Philosoph und Klangkünstler aus Pécs, Ungarn. Nach seiner
Promotion in interaktiver Beschallung und Habilitation in virtuellen <-> realen Klangkunstbrücken wurde er Leiter des BA-Programms für elektronische Musik und
Medienkunst an der Universität von Pécs und veranstaltet die Hangfarm Open-Airund
Low-Power-Ausstellung für Klangkunst in Ellend, Ungarn. Auf der Suche nach
Lösungen für elektronische Musik mit eigener Stromversorgung organisierte er
2018 das erste photoSynth-Symposium. Seine Live- Performances als Xrc oder
Eszelős Meszelős führten unter anderem zur Teilnahme am BLAUES RAUSCHEN
Festival 2017.

„Wald & Klang“
Dürre, Brände, Ruhe, Bäume, Ressource, Klima, Klang, Tiere, Holz, Wild, Natur,
Atmosphäre, …. Mit den Ohren den Wald erkunden. Ästhetische Erfahrungen
sammeln. Collagen und Kompositionen entwickeln.
10 Künstler*innen – 10 Hörstücke.