vernissage:

6.Juli 2018
19:00 Uhr

dauer:

6.Juli – 28.August 2018

Nafiseh Fathollahzadeh

Studio: Eine urbane Inszenierung

Ein Großteil der Stadt Essen wurde im Zuge des zweiten Weltkrieges zerstört. Die Bedürfnisse der Nachkriegszeit nach funktionalen, schnell errichteten Bauten für möglichst geringe finanzielle Mittel prägen das heutige Stadtbild Essens. STUDIO untersucht urbane und sozialkulturelle Strukturen in Essen. Wiederholungen architektonischer Merkmale, sich ähnelnde Fassaden und standardisierte Bauprinzipien lassen das Stadtbild auf den ersten Blick homogen wirken. Die Bildserie zeigt den Essener Norden, Süden, Osten und Westen.Die erste technisch gelungene und erhaltene Fotografie der Welt zeigt Nicéphore Niépces Blick aus dem Fenster seines Arbeitszimmers im Jahr 1826. Damals ist das Fotografieren ohne natürlichen Lichteinfall schlicht- weg nicht möglich. Doch ohnehin ist das Motiv des Blickes aus dem Fenster in der Kunst da schon lange populär.

In der Arbeit Fathollahzadehs wird der Standpunkt der Rezipienten jedoch nach außen gelegt. So blickt der Betrachter nicht hinaus, oder wie bei Marcel Duchamps Fresh Window ins Schwarze, sondern durch das Fenster in den Wohnraum hinein. Die Häuser werden zum Studio. Blumentöpfe oder Vorhänge wirken wie austauschbare Requisiten. Das Fenster öffnet eine weitere Bildebene und umrahmt portraitierte Bewohner. Je nach Position der Portraitierten fungiert die Häuserfassade als Vorderoder Hintergrund. Einige Menschen inszenieren sich im Raum, andere lehnen sich aus dem Fenster hinaus und einzelne bleiben hinter geschlossenen Fenstern im Verborgenen.

Die Bildkompositionen führen ein spannendes Wechselspiel aus Distanz und Nähe vor. Der Betrachter begibt sich auf eine kleine Reise durch Essens scheinbar homogene Bauwerke und begegnet dabei Bewohnern aus unterschiedlichen soziokulturellen Milieus. Die detaillierte Auseinandersetzung offenbart dabei nicht nur eine heterogene Gesellschaft, sondern auch eine subtile architektonische Diversität. Die Arbeit versucht weniger einen Querschnitt der Gesellschaft im Ruhrgebiet abzubilden, sondern vielmehr vor dem Hintergrund urbaner und sozialkultureller Strukturen das Studioportrait neu zu interpretieren.

Charlotte Hafke

stadt-essen

Unterstützt wird das Projekt vom Kulturbüro-Stadt Essen