eröffnung:

17. Mai, 19.00 Uhr

CHRISTIAN MANSS

Dedekindscher Schnitt

Ein Dedekindscher Schnitt ist in der mathematischen Ordnungstheorie eine spezielle Partition der rationalen Zahlen, mit deren Hilfe sich eine reelle Zahl darstellen lässt. Auf diese Weise kann man die reellen Zahlen aus den rationalen Zahlen konstruieren. Beim Aufbau des Bereiches der reellen Zahlen kann nun gezeigt werden, dass es zwischen den überall dicht liegenden rationalen Zahlen noch irrationale Zahlen gibt – diese werden so quasi sichtbar gemacht. In seiner Werkreihe CLEAR versucht Christian Manss gewissermaßen dieses mathematische Prinzip in die Darstellung von menschlichen Spuren in Form von Architektur einfließen zu lassen, wenn er dem Irrationalen in der Wiedergabe und Verarbeitung von gebauter Realität nachspürt: Welches Schnitts, welcher Übermalung, welches Abtragens bedarf es, um zum universellen Kern einer jeden Abbildung zu gelangen? In diesem Sinne ist Christian Manss ganz bei einer Aussage von Gerhard Richter: “Ich sollte mich”, sagt dieser, “nicht mehr Maler, sondern Bildermacher nennen”.
„CLEAR“ – ein eigenartiger Titel für eine Serie von Arbeiten, die alles andere als „klar“ zu sein scheinen. Auf den ersten Blick diffus, verunsichernd und im wahrsten Sinne des Wortes mehrschichtig, fordern die Bilder den Betrachter dazu auf, nach Details und Zusammenhängen zu suchen, die seine Sicht auf die Dinge erhellen könnten. Auf den zweiten Blick homogen wirkend, ist man bei näherem Hinschauen irritiert, da beim konzentrierten Betrachten immer mehr Überlappungen und Anschlussfehler sichtbar werden. Durch Farbauftrag, Zerstückelung des gezeigten Objekts und Verfremdung wird zuweilen der verstellte Blick auf geschichtsträchtige Orte befreit – der Szenerie wird für den Moment eine fiktive Unschuld geschenkt, ein Ort, den der Betrachter nicht kennt, kann mit seiner Phantasie gefüllt werden.